Historie: Die Brücke über die Wolbecker Straße

Aus GUB Münster

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Vor dem Neubau

Zu beachten ist, dass die Bilder von 1966 (wohl Winter) und 1972 (wohl Sommer) stammen, also 6 Jahre auseinander liegen.

Südseite

BD Mst-1966-0208 (Umgehungsbahnbrücke) (scaled).jpg

Blick nach Osten, 1966 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Wir beginnen auf der Innenseite der Güterumgehungsbahn und Blicken stadtauswärts, also nach Osten.

Die Brücke über die Wolbecker Straße hat im 2. Weltkrieg einiges abbekommen. Die Brücke über die Wolbecker Straße hatte einmal vier Auflieger. Bei der Inspektion der Widerlager von Westen (nah) nach Osten (fern) sieht man auf der Nordseite leer/OK, leer/OK, leer/zerstört und belegt/OK, auf der Südeseite leer/zerstört, leer/zerstört, leer/OK und belegt/OK.

Die Wolbecker Straße ist noch schmal und hat keinen Radweg auf der Nordseite. Die Brücke selbst ist hingegen recht breit. Das Geländer ist noch das "Reichsbahngeländer" von 1930.

Nach rechts geht es in den Kaldenhofer Weg.


BD Mst-1972-1579 (Brücke) (scaled).jpg

Schadstelle südliches Widerlager, Blick nach Osten, 1972 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Im Krieg hatte es zuerst den zweiten von Rechts (Osten) auf der Nordseite erwischt. Dazu später mehr. Nach dem Krieg (?) wurden die beiden linken (westlichen) Auflieger entfernt, die einen Schaden auf der Südseite hatten.


BD Mst-1972-1576 (Brücke) (scaled).jpg

Nahaufnahme Schadstelle südliches Widerlager, Blick nach Osten, 1972 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Man sieht, was das Problem mit den westlichen Aufliegern war: Anscheinend war das Widerlager auf der Südseite zerstört.


Nordseite

BD Mst-1972-1575 (Brücke) (scaled).jpg

Schadstelle nördliches Widerlager, Blick nach Westen, 1972 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Wir sind nun auf der Außenseite der Umgehungsbahn und schauen stadteinwärts (also nach Westen). Man sieht auf der Nordseite den Schaden am nördlichen Widerlager, gleich neben dem verbliebenen Auflieger ganz im Osten.


BD Mst-1966-0209 (Umgehungsbahnbrücke) (scaled).jpg

Nahaufnahme Schadstelle nördliches Widerlager, nach Osten, 1966 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Der zweite Auflieger von rechts (Osten) war der erste, der im Krieg zerstört wurde.


BD Mst-1972-1578 (Brücke) (scaled).jpg

Schadstelle nördliches Widerlager, Blick nach Osten, 1972 (Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum)

Hier noch mal der Schaden am nördlichen Widerlager im Überblick nach Osten. Die Lücke ist seit 1966 dicht mit Büschen zugewachsen (die Jahreszeit wird auch eine Rolle spielen).


Die Planung

Bei Recherchen im Landesarchiv NRW (LNRW) bin ich in "5938 Brückenangelegenheiten der Bahnstrecke Umgehungsbahn Münster (Gemeinden Münster und St. Mauritz)" auf Unterlagen zum Neubau der Brücke über die Wolbecker Straße von 1969 gestoßen.

Wolbecker Brücke 1930, 1950 Q 001 5938 0002 scaled.jpg

Plan Brücke Wolbecker Straße (vor dem Neubau) (LAV NRW W, O 001/Bundesbahndirektion Münster Nr. 5938)

Vorab ein Hinweis: Im Plan ist Norden unten.

"Vor dem Neubau" weil "Ursprungszustand" es nicht ganz trifft: im und nach dem Krieg gab es diverse Änderungen, die Beschädigungen durch Bombentreffern geschuldet waren (oben beschrieben).

Der nicht datierte Plan beleuchtet näher, was es mit der Auslegung auf vier Gleise, dem Kriegsschaden und dem aktuellen Zustand auf sich hat. Da die Brücke in diesem Plan ein "Reichsbahngeländer" aufweist und rote Markierungen und Anmerkungen vorhanden sind nehme ich an, dass der Plan aus der Zeit des Baus stammt und um Informationen zu Kriegsschäden, Nachkriegszustand und geplante Baumaßnahmen ergänzt wurde.


In der nachfolgenden Skizze habe ich das Ganze noch mal mit lesbarem Text und Norden oben dargestellt (im Plan ist Norden unten). Links (nach Westen) geht es auf der Wolbecker Straße nach Münster, rechts (nach Osten) nach - Überraschung! - Wolbeck.

Situation Wolbecker Brücke.png

Nachzeichnung Situation Wolbecker Brücke (CT)


Es werden vier Überbauten beschrieben (von West nach Ost, also links nach rechts):

  • orange dargestellt: Mit Anmerkung "Baujahr 1925 (1928 verschoben)", "Überbauten nicht vorhanden!" (im Plan rot unterstrichen, Überbauten durchkreuzt)
    • Überbau "a" (von "Überholungsstation Sudmühle" nach "Münster R.", also Richtung Süden; "Leer-Richtung")
    • Überbau "b" ("späteres Rheiner Gütergleis nach Nevinghof", also Richtung Norden; "Last-Richtung"), mit Anmerkung "Widerauflagebereich ausbessern (Füllbeton)" (im Plan in grün)
  • weiß dargestellt: Mit Anmerkung "Baujahr 1928", "neuer Stahlüberbau" (rot im Plan)", "schadhafter Widerlagerbereich", "neue Auflagebank" (in grün)
    • Überbau fehlt
  • blau dargestellt: Mit Anmerkung "Baujahr 1928"
    • Überbau c (von "Münster R." nach "Überholungsstation Sudmühle", also Richtung Norden; "Last-Richtung"). Darauf lag das eine Gleis der GUB.

Das Wolbecker Rätsel

Interessant finde ich die angedachte Anbindung an das Gleis nach Rheine. Da Rheine westlich der GUB liegt frage ich mich

  1. wie und wo man von diesem Gleis über oder unter das Gleis aus Sudmühle gekommen wäre
  2. warum die Gleise überhaupt in dieser Anordnung liegen

Michael Stach vom MEC Münster hat einen sehr interessanten Plan gefunden und mich Februar 2022 darauf hingewiesen. Dieser Plan zeigt, dass

  • das linke Gleis von Sudmühle durch den Pleister Tunnel gegangen wäre (das war nie der Fall)
  • das Gleis von (und auch nach!; eingleisig) Nevinghof über den Pleister Tunnel hinweg geführt hätte (gab es nicht)
  • das "fehlende Gleis" vor der Brücke in einem Prellbock geendet hat (gute Frage, welche Aufgabe es haben sollte! Das es tatsächlich Verkehr von Sudmühle gewesen ist scheint wahrscheinlich)
  • das rechte Gleis nach Sudmühle so gelegen hat wie heute

Das scheint mir die Aufklärung des "Rätsels" zu sein!

Der Neubau

Zunächst gab es 1966 einen Antrag für eine Straßenverbreiterung von 10m auf 15,50m. Schließlich wurde eine Durchfahrtsbreite von 21m durchgesetzt.

Die alte Eisenbahnbrücke wurde in den Jahren 1927/28 erstellt. Die Widerlager waren 20,5m breit und für vier Gleise angelegt. Vor dem Krieg waren zwei eingleisige stählerne Überbauten mit durchgehendem Schotterbett vorhanden. Zur Zeit der Planung des Neubaus war davon nur ein Überbau in Betrieb, der 1950 Instand gesetzt wurde. Der andere Überbau wurde im Krieg beschädigt und ausgebaut.

Zwei eingleisige Überbauten? Nicht nach Luftbildern der Alliierten. Schon im Dezember 1943 fehlt der Auflieger, der in der Skizze weiß dargestellt ist. Die Strecke ist zweigleisig? Ein Gleis nach Norden liegt, wie heute auch, auf "c". Ein deutlich schwächeres Gleis (Baugleis?) nach Süden liegt auf "b". Da die beiden Gleise vor und nach der Brücke dicht nebeneinander liegen macht das linke Gleis einen ordentlichen "Schlenker" nach Westen.

Im März 1945 sieht die Brücke noch genauso aus, aber es scheint, als ob das Gleis nach Süden verschwunden ist. Oder das Baugleis (?) ist im Frühling nicht so auffällig wie in der schneebedeckten Dezember-Landschaft.

Weiter ist den Unterlagen die Rede davon, dass die Teilstrecke zwischen den Blockstellen Pleister und Kanal wegen umfangreicher Kriegsschäden eingleisig betrieben wurde, aber eine Wiederherstellung der Zweigleisigkeit vorgesehen war.

Die neue Brücke sollte in den Widerlagern für zwei Gleise angelegt werden. Im ersten Entwurf sollte davon nur ein Überbau für das vorhandene Streckengleis gebaut werden. Der zweite Überbau sollte von der DB bei Wiederherstellung der Zweigleisigkeit erstellt werden.

Ab dem zweiten Entwurf ist von vornherein von Zweigleisigkeit die Rede, und so ist die die Brücke auch gebaut worden. Bis heute liegt auf der Brücke allerdings nur ein Gleis, und zwar auf der Ostseite.

Nördlich der Brücke macht das Gleis im weiteren Verlauf einen "Schlenker" von Osten nach Westen, ohne dass es dafür einen (mir offensichtlichen) Grund gäbe. Was meinen Sie dazu? Erst kurz von dem Pleistermühlenweg teilt sich das Gleis in die zweigleisige Strecke bis Sudmühle.

Wolbecker Brücke 02.05.1972 Q 001 5938 0001 scaled.jpg

Plan Brücke Wolbecker Straße (Neubau) (LAV NRW W, O 001/Bundesbahndirektion Münster Nr. 5938)

Ein Plan vom 05.02.1970 zeigt den Neubau. Bemerkenswert ist, dass der Neubau zweigleisig ausgelegt worden ist. Wie zumindest initial bei der Verbreiterung der Kanalbrücke sowie dem Neubau der Brücken am Höltenweg und Albersloher Weg konnte man sich anscheinend vorstellen, die GUB in Zukunft auf mehr Gleise zu erweitern.

Zur neuen Brücke gibt es sonst nicht viel zu sagen: Ein Vanille-Zweckbau aus den 70ern, und nicht gerade von Colani.



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