Koks aus Bottrop
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Dieser Artikel ist etwas aus der Art geschlagen, denn es geht nur mittelbar um die Güterumgehungsbahn. Captrain fährt jeden Tag zwei mal Koks von Bottrop nach Bremen und fährt dabei auf Hin- und Rückfahrt oft über die GUB. Im März 2022 habe ich mir dann mal angesehen, woher der Koks denn kommt. Und das ist die Kokerei Prosper in Bottrop.
Anfahrt
Von Münster nach Bottrop (OpenRailwayMap)
Stilgerecht angefahren bin ich mit der Bahn, Regio bis Recklinghausen und dann weiter mit der S9 nach Bottrop Süd.
Von Münster (rechts oben) ging es über die 2200 per Dülmen und Haltern nach Recklinghausen (orange Linie, die Münster Richtung Westen verlässt und immer weiter nach Süden kurvt). Nach Haltern gabelt sich die Strecke; der östliche Zweig führt nach Recklinghausen.
Auf dem Weg zum Hauptbahnhof Münster überquerte der leere Kokszug aus Bremen um etwa 08:15 die Brücke über die Warendorfer Straße. Witzigerweise begegnete ich dem Leerzug noch zwei mal: In Dülmen überholten wir den Güterzug, und in Recklinghausen zog die Fuhre an mir in der noch stehenden S9 vorbei.
Von Recklinghause nach Bottrop (OpenRailwayMap)
Ab Recklinghausen (die "Kreuzung" rechts oben) nahmen die S9 und der Leerzug unterschiedliche Wege:
Die S9 holt nach Osten aus und fährt nach Westen über Gelsenkirchen Buer-Nord, Gladbeck West und Bottrop-Boy nach Bottrop Hbf.
Der Güterzug fährt erst nach Süden und dann, nach Gelsenkirchen Süd nach Westen abzweigend, über Crange und Gelsenkirchen Zoo nach Bottrop Süd. Dort stehen eine Reihe von vollen und leeren Kokszügen und harren ihrer Behandlung.
Bottrop Bhf, Bottrop Süd und Kokerei Prosper (OpenRailwayMap)
Fast da: Links Bottrop Hbf, links unten Bottrop-Süd und in der Mitte das Gelände der Kokerei Prosper mit dem Gleisdreieck. Die linke Spitze des Dreiecks führt nach Bottrop-Süd und zum nahen Hafen, die rechte Spitze in Abstellgleise parallel zu den Koksöfen und die obere Spitze in diverse Ausziehgleise.
Kokerei Prosper (OpenRailwayMap)
...und noch mal ganz genau die Kokerei und die Gleise im Umfeld, so dass man auch die Details erkennen kann.
Bottrop Bhf, Bottrop Süd und Kokerei Prosper (Google Earth)
Hier noch mal der gleiche Ausschnitt als Satelliten-Foto. Ich habe erst mal den Tetraeder besucht (https://www.bottrop.de/freizeit-tourismus/sehenswert/Tetraeder.php; nicht im Bild). Dieses Kunstwerk/ diesen Aussichtsturm kann man erklimmen und hat eine fantastische Sicht über das Ruhrgebiet.
Ich bin dann weitergezogen auf die Halde Prosper, die heute von einer ("der weltgrößten!") Indoor-Skianlage gekrönt wird - das ist der langgestreckte Bau oben links der Mitte im Bild mit dem eigentlich grünen Dach, das aber weitgehend mit schwarzen Solarzellen bedeckt ist.
Die Kokerei Prosper
Kokerei Prosper als Pseudo-Luftbild (Google Earth)
Dieses Bild aus Google Earth zeigt meine Blickrichtung an diesem Tag aus erhöhter Perspektive. Im Vordergrund die Skihalle, und ich sitze quasi auf dem Gras in der letzten Haarnadelkurve vor dem Parkplatz, unterhalb der Bildmitte. Nett, dass sich jemand die Arbeit gemacht hat, das alles in 3D zu modellieren!
Früher war Prosper auch Zeche mit eigener Kohlenförderung. Die Anlagen dafür sind weitgehend verschwunden, woher die freie Fläche rechts im Bild resultiert - dort ist auch das Gleisdreieck zu sehen. Heute kommt die Kohle per Schiff aus fernen Gruben; zu sehen ist eine schwarze Lagerfläche am Rhein-Herne-Kanal im rechten Hintergrund.
Panorama Kokerei Prosper (CT)
So sah das Panorama aus meiner Höhe aus! Der große schwarze Block mit den weißen Seitenteilen ist der zentrale Kohlenbunker. Aus diesem werden die Koksöfen davor beschickt, deren drei Schornsteine prominent in den Himmel ragen.
Die Anlage ist recht gigantisch, so dass die beiden rechteckigen Löschtürme links und rechts erst einmal gar nicht weiter auffallen (vom zentralen Block jeweils etwa eine Blockbreite davon entfernt). Diese haben aber regelmäßig einen großen Auftritt.
Koks löschen, Kokerei Prosper (CT) Etwa alle 15min (an diesem Tag jedenfalls) wird glühender Koks aus dem Ofen gedrückt und per King-Size-Lore unter einen der beiden Löschtürme gefahren (der Wikipedia-Artikel hat ein schönes Bild dazu, von genau dieser Kokerei!). Dort wird der Koks, der sonst einfach verbrennen würde, mit jeder Menge Wasser gelöscht. Einige Kubikmeter davon entweichen als Dampf - ein spektakuläres Bild! |
Gasfackel (CT)
Um Koks herzustellen wird Kohle auf über 1000°C erhitzt. Dabei entsteht Koks und Koksrohgas, das allerlei wertvolle Stoffe enthält. Um diese zu nutzen ist der Kokerei eine ganze Chemiefabrik nachgeschaltet, und das ist keine Übertreibung.
Überschüssiges Kokereigas wird abgefackelt. Da ich den Wind gegen mich hatte roch es nach Koks, Kohle, Schwefel und eben "heißer Industrie". Für mich ein interessanter Teil des Flairs; für die Anwohner vermutlich nicht so schön...
Die Werkseisenbahn
Leerzug aus Bottrop-Süd (CT)
Nun aber zu dem Anteil der Eisenbahn an der Sache! Im Bild zu sehen ist eine Diesellok, die einen Leerzug aus Bottrop-Süd abholt. Es handelt sich um die Lok "Unser Fritz" der WHE (Wanne-Herner Eisenbahn). Aus dem Artikel zur Loktaufe (https://inherne.net/eine-lok-namens-unser-fritz/):
"Neben der „Unser Fritz“ sind drei weitere neue Loks auf dem Kokereigelände im Einsatz. Sie alle wurden von den jeweiligen Stadtspitzen in Erinnerung an die Bergbau-Tradition auf den Namen ehemaliger Schachtanlagen getauft, die auf dem Weg von Bottrop nach Herne liegen: Prosper Haniel, Zollverein und Nordstern."
Leerzug auf Werksgelände schieben (CT) Nächster Schritt: Den Leerzug über die andere Seite des Gleisdreiecks auf das Werksgelände schieben. Weiter im Artikel: "Passend zum Namen gab es eine Beklebung mit dem dazugehörigen Schachtgerüst und der Stadtsilhouette. Die vier Loks vom Typ Vossloh DE 18 sind mit einem Gewicht von 90 Tonnen und einer Leistung von 1.800 kW – das sind mehr als 2.400 PS – wahre Kraftpakete." |
Leerzug auf Werksgelände ziehen (CT) Aus dem gleichen Artikel wie zuvor: "WHE und RheinCargo aus Neuss transportieren jährlich rund 4,5 Millionen Tonnen Koks und Kohle auf dem Gelände der Kokerei. Außerdem betreiben sie 30 Kilometer Gleise mit rund 80 Weichen." |
Das war ein interessanter Tag mit viel Koks und nicht SO viel Eisenbahn. Auf der Rückfahrt sind wir noch an einem Trafo-Transport vorbeigekommen, der kurz nördlich von Bottrop abgestellt stand.
Jetzt ist eigentlich das andere Ende des Koks-Pendel dran - Die Hütte von Acelor Mittal in Bremen. Dort gibt es ein riesiges Areal, das von der Werkseisenbahn umrundet wird, aber keinen Berg, um sich das Ganze von oben anzuschauen. Mal gucken, ob/ was sich da machen lässt.