Die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit

Aus GUB Münster
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Heumannsweg
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Wolbecker Straße
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Haus-Kleve-Weg
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Pleistermühlenweg

(Archiv Stiftung Eisenbahnmuseum Bochum; rechts unten: CT)

Der 2. Weltkrieg hatte die Güterumgehungsbahn schwer in Mitleidenschaft gezogen. Mindestens die Brücken am Heumannsweg, an der Wolbecker Straße, am Haus-Kleve-Weg und am Pleistermühlenweg hatten massive Schäden davongetragen.

Die Zweigleisigkeit zwischen dem Betriebsbahnhof Kanal und Sudmühle wurde daher kurz nach dem Krieg zurückgebaut. Dabei blieb allein das rechte (östliche) Gleis liegen. In den Luftbildern von 1954 (die verlinkte Luftbildkarte zeigt rechts oben Pleister) ist das gut zu erkennen.

Aber wann wurde die Zweigleisigkeit wieder hergestellt? Das war mir bis 2024 nicht genau bekannt. Dann bin ich auf Zeitungsartikel gestoßen, die von entsprechenden Arbeiten in 1956/57 berichten (Quellen siehe Ende der Seite).

Die Arbeiten zur Wiederherstellung der Zweigleisigkeit waren auf drei Bauabschnitte verteilt:

  1. Block Pleister bis Sudmühle
  2. Abzweig Lechtenberg bis Betriebsbahnhof Kanal
  3. Betriebsbahnhof Kanal bis Block Pleister - "falls Mittel bereitgestellt werden"

1. Bauabschnitt: Block Pleister bis Sudmühle

Ende 1956/ Januar 1957 sind zwischen Block Pleister und Sudmühle auf ca. 3km Länge nahtlos verschweißte Gleise auf Betonschwellen verlegt worden. Dabei handelt es sich um das heute linke (westliche) Gleis.

Von den 102 Zügen täglich in Leerrichtung (also aus Richtung Osnabrück) sollten zukünftig 42 über die GUB geführt werden. Sollten alle drei Bauabschnitte umgesetzt werden hielt man sogar 81 für möglich Zum Vergleich: ich schätze, dass 2023 vielleicht 15 Züge die GUB täglich in Leerrichtung passierten.

Neu war für mich die Information, dass zuvor drei Brücken verbreitert werden mussten, nämlich die Brücken über den Zubringer zur B51, über die Dyckburgstraße und über die Dingstiege. Dies wurde durch neue Bestimmungen der DB erforderlich, die höheren Zuggeschwindigkeiten Rechnung trugen.

Mich fuchst etwas, dass mir das nicht selbst aufgefallen ist - kann man das denn sehen? Eine Fotoexpedition Februar 2024 zeigt: Ja, man kann! Wobei es natürlich einfacher ist, wenn man weiß, nach was man gucken muss.


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Brücke über die Dyckburgstraße (Blick nach Süden) (CT)

Hier die Brücke über die Dyckburgstraße, wie die Brücke über die Warendorfer Straße eine Stahlkonstruktion. Zwischen den beiden Aufliegern ist eine Lücke. Das allein ist noch kein zwingender Hinweis auf eine Verbreiterung, wenn man, wie ich, kein Foto vom Ursprungszustand hat - das könnte schon immer so gewesen sein.


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Brücke über die Dyckburgstraße (Blick nach Süden) (CT)

Ganz eindeutig ist die Sache in diesem Bild: man kann gut sehen, dass das Widerlager auf der Westseite (im Bild rechts) verbreitert worden ist. Auf dieser Seite wurde auch das neue Gleis verlegt.


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Brücke über die Dingstiege (Blick nach Süden) (CT)

Bei der Brücke über die Dingstiege etwas weiter nördlich, Bauweise im GUB-Klassiker "Walzträger in Beton", befindet sich ebenfalls zwischen den Aufliegern eine Lücke. Diese hat man mit Betonplatten überdeckt.


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Brücke über die Dingstiege (Blick nach Süden) (CT)

Extrem auffällig ist die Erweiterung nicht, aber vielleicht war die Brücke auch schon so fast breit genug. So gibt es auf der Westseite nur diesen kleinen "Stütz-Erker". Auf der Ostseite findet man nichts dergleichen.


Die Strecke nach Lünen leidet unter einem ähnlichen Problem wie die GUB bei ihrer Wiederherstellung: Beim Bau in den 1920ern sind die Brücken trotz eingleisiger Planung und Belegung bereits zweigleisig ausgelegt worden - allerdings für den damals gültigen Sicherheitsabstand. Außerdem sind neuere Brücken von vornherein nur eingleisig gebaut worden.

Um die Strecke jetzt zweigleisig zu machen muss/ müsste viel Geld in die Hand genommen werden, allein schon um die Brücken in der notwendigen Breite herzurichten.

2. Bauabschnitt: Abzweig Lechtenberg bis Betriebsbahnhof Kanal

Vor dem Krieg gab es zwei jeweils eingleisige separate Verbindungskurven für die Last- und die Leerrichtung zwischen Umgehungsbahn und der Strecke nach Hamm. Die Kurve für die Leerrichtung war nach dem Krieg samt der Brücke über die GUB demontiert worden (die andere Brücke über den Sonnenbergweg gibt es heute noch, siehe "Historie: Die Verbindungskurve Kanal-Hammer Strecke", und dort das letzte Bild).


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Brücke Verbindungskurve Hammer Strecke über den Sonnenbergweg (Blick nach Ostnordost, Richtung Kanal)

Im Rahmen der Wiederherstellung der Zweigleisigkeit wurde ab August 1957 der Damm der - bisher stets eingleisigen - Verbindungskurve der Lastrichtung auf der linken (westlichen) Seite verbreitert, die Brücke über den Sonnenbergweg ebenso.

Diese ist hier zu sehen: Gut zu erkennen ist der alte Teil im Hintergrund auf der Kurveninnenseite mit "Walzträgern in Beton" und der neue Teil im Vordergrund auf der Kurvenaußenseite aus Stahlbeton.


3. Bauabschnitt: Betriebsbahnhof Kanal bis Block Pleister

Nicht mehr ausgeführt wurde die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit zwischen dem Betriebsbahnhof Kanal und Block Pleister. Das lag wohl an den antizipierten hohen Kosten für eine Ertüchtigung der kriegsbeschädigten Brücken am Heumannsweg, an der Wolbecker Straße, am Haus-Kleve-Weg und am Pleistermühlenweg. Die Schäden waren so gravierend, dass von der Notwendigkeit eines Neubaus ausgegangen wurde. Repariert wurden schließlich alle Brücken, aber teils erst etliche Jahr später.


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Brücke über die Wolbecker Straße (Google Earth)

Anscheinend wurde die Idee einer Zweigleisigkeit in diesem Abschnitt noch für geraume Zeit nicht verworfen. So wurde Anfang der 1970er der Neubau der Brücke über die Wolbecker Straße mit Platz für zwei Gleise ausgeführt. Im Luftbild von Google Earth ist klar zu sehen, dass links (im Westen) Platz für ein weiteres Gleis wäre.

Laut erstem Entwurf des Plans sollte von der DB ein zweiter Überbau erst bei Wiederherstellung der Zweigleisigkeit erstellt werden, also irgendwann nach dem Bau. Ab dem zweiten Entwurf war von vornherein von Zweigleisigkeit die Rede, und so wurde die Brücke auch gebaut.


...und was ist mit Mecklenbeck bis Betriebsbahnhof Kanal?

Dieser Abschnitt der GUB war ursprünglich zweigleisig geplant. Obwohl die Brücken dazu passend dimensioniert und gebaut wurden lag hier niemals ein zweites Gleis. Das gilt ebenfalls für die Zeit, als im 2. Weltkrieg die Umgehungsbahn zwischen Betriebsbahnhof Kanal und Sudmühle ein komplettes zweigleisiges Upgrade bekam.

Auch im Rahmen der Wiederherstellung der Zweigleisigkeit wurde hier kein zweites Gleis aufgelegt. Das wäre vermutlich aus den gleichen Gründen teuer gewesen wie im Abschnitt zwischen Bbf Kanal und Pleister, denn die Brücken über den Kappenberger Damm, den Kriegerweg und den Lechtenbergweg hätten auf den neuen Sicherheitsabstand verbreitert werden müssen, von ggf. einer weiteren Brücke über den Kanal ganz zu schweigen. An eine Neuauflage der gesprengten Zusatz-Brücke hatte man durchaus gedacht, mehr dazu unter "Historie: Kanalverbreiterung und Brückenneubau" und dort Brücke 69.

Quellen

Gefunden im Archiv der Westfälischen Nachrichten (WN):

  • Münsterischer Stadtanzeiger, 03.01.1957, Seite 6, "WN": "Zweiter Schienenstrang für die Umgehungsbahn". Das Bild dazu zeigt Betonschwellen vor dem Einbau, links liegt bereits ein Gleis.
  • Grevener Anzeiger, 09.04.1957, Seite 11, "WN Sudmühle": "Umgehungsbahn wird zweigleisig". Das Bild zeigt einen Gleisbautrupp mit dem fertigen linken Gleis im Hintergrund, wohl kurz vor Sudmühle (langgezogene Rechtskurve), mit noch nicht verlegten Betonschwellen im Vordergrund.
  • Münsterischer Stadtanzeiger, 30.08.1957 Seite 6 "Umgehungsbahn wird erweitert". Das Bild zeigt Bauarbeiten an der Brücke über den "Vennemannsweg" (wohl der heutige Sonnenbergweg).

Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung wurde leider mit Verweis auf Bezahlinhalte und Urheberrechte abgelehnt. Nachdem ich erst mal etwas verschnupft war hatte ich ein ausführliches und freundliches Gespräch mit Frau Becker von der Chefredaktion der WN, der es ein Anliegen war, mir den Grund dafür näher zu bringen.

Zum einen ist es so, dass Urheberrechte z.B. an Fotos gar nicht bei der Zeitung liegen und sich nur aufwändig oder gar nicht mehr klären lassen. Bei Bildern mit Fotos von Personen ist das besonders schwierig und heikel. Zum anderen ist die WN ein Unternehmen, das sich finanzieren muss. Dazu gehört eben auch das Modell mit Artikeln hinter einer Bezahlschranke. Ich denke, das kann man nachvollziehen!