Schienen fräsen im Mai 2025

Aus GUB Münster

Am Abend und in der Nacht

Für den 13.05.2025 stand im Programm von DB InfraGO strecken.info ein Baumaßnahmen-"Container" für Kanal, Pleister und Sudmühle ab 21:00.

Mit diesen fest terminierten Containern will man anderen Parteien langfristige Planung und Planungssicherheit ermöglichen. Ob und für was diese Container verwendet werden sieht man oft nicht.

Also? Mal nach Sudmühle gondeln und schauen, ob man was sieht.

Linsinger SF03-FFS 2025 parked.jpg

Und man sieht: Einen Linsinger "SF03-FFs plus" Schienenfräszug. Die Broschüre finde ich sehr überzeugend; ich denke, ich nehme einen oder zwei.

Am Stellwerk Sf Sudmühle am Bahnübergang Mariendorf finden sich nach und nach die Arbeiter ein, und mit dem Führer des Schienenfräszugs komme ich in ein nettes Gespräch, das leider von der Arbeit unterbrochen wird ;-).

Losgehen soll es heute mit zwei Gleisen in Sudmühle (den beiden südlichsten). Dann ist die Überleitstelle Pleister dran, und dann der Betriebsbahnhof Kanal.

Ich baue mich auf der Südseite des BÜ auf. Der Fräszug fährt in die GUB ein, und dann - nichts. Hm. Nach 20 Minuten denke ich, dass sich der Plan wohl geändert hat, und ich radle zum Bbf Kanal. Nassgeschwitzt komme ich dort an, weil ich der GUB dicht im Zickzack gefolgt bin.


Von meinem Standort am ehemaligen Stellwerk Ko sehe in der Ferne ein Leuchten. Anscheinend werden auf Gleis 590 nahe des südlichen Ausfahrsignals Arbeiten durchgeführt, aber da bin ich weit von weg.

Ich verlege an den Biederlackweg. Ich treffe gerade rechtzeitig dort, um die Maschine nach Norden ausfahren zu sehen. Im Ernst jetzt?! Prima!

Ich radle also wieder nach Norden, und weil ich die Fräse unterwegs weder sehe noch höre stelle ich mich wieder in Mariendorf an die Gleise. Irgendwann taucht die Maschine auf und bearbeitet in der Tiefe der Kurve das innere Gleis.


Linsinger SF03-FFS 2025 vor BÜ.jpg

Mir ist mittlerweile eiskalt, und die Videos von durchfahrenden Zügen von und nach Osnabrück sind deshalb etwas verzittert.

Um 02:00 wird meine Geduld belohnt und der Fräszug fährt das Gleis bearbeitend über den Bahnübergang, so dass ich zu ein paar Fotos und Videos komme.

Der BÜ selbst bleibt unberührt; hier werden die Fräsköpfe kurz eingezogen bevor es weitergeht. Es ist auch Zeit für eine Zigarettenpause auf der breiten Straße des Übergangs.


Linsinger SF03-FFS 2025 nach BÜ.jpg

Vom Fräsvorgang ist fast nichts zu hören (der Fahrmotor ist jedenfalls lauter). Und wenig zu sehen: Ein rotes Glühen und leichtes Funkensprühen zeigen an, wo das Gleis gerade verschönert wird (etwa in der Mitte des ersten Zugteils).


The Morning After

Am nächsten Tag habe ich mir bei Tageslicht angeschaut was denn nun eigentlich in der Nacht gemacht wurde.

Fräsen 2025 - von fern.jpg

Im Betriebsbahnhof Kanal sieht das Gleis 590 (das westlichste) klar bearbeitet aus, von etwa den Weichen am Westende bis nördlich des Ausfahrsihnals 590. Späne sieht man keine, und Linsinger wirbt auch damit, dass die abgesaugt und gebunkert werden. Perfekt!

Die Schienen im Gleis 590 stammen von 1963 (Hütten- und Bergwerke Rheinhausen) und sind somit schon über 60 Jahre alt. Die anderen Gleise wurden schon längst gewechselt. Es gab diverse Reparaturen und Flickstellen, zum Teil erst vor kurzer Zeit (2021, 2022, 2025) - lohnt sich das denn noch?


Linsinger Schienenfräsrad.jpg

Quelle: YouTube-Video von Linsinger

Was macht der Fräszug mit den Gleisen?

Die Maschine hat einmal rotierende Fräsräder, auf das viele Schneidstücke entlang des Umfangs montiert sind. In Querrichtung sitzen mehrere Schneidstücke, die das Soll-Profil der Schiene abbilden.


Fräsen 2025 - schräg.jpg

Da die Schneidstücke eine Kreisbewegung beschreiben und die Schiene flach ist führt das zu gewölbten Einschnitten, die in der Mitte am tiefsten sind. Das ist schön rechts auf der Schiene zu sehen.

Dann hat die Maschine noch rotierende Schleifräder. Deren Wirkung ist links zu sehen. Warum nicht auch rechts? Gute Frage!


Fräsen 2025 - glatt.jpg

Hier ein Beispiel für glatten Schliff über den ganzen Querschnitt. Der flach abgefahrene Schienenkopf hat nun wieder Soll-Profil.


Fräsen 2025 - Mulden.jpg

Und hier die Mulden vom Fräsen. An der vorderen Begrenzung des Fräsbereichs sieht man gut die konvexe Form. Dieses Muster zieht sich über ein paar Meter hin, ist also nicht nur eine Stelle, an der die Maschine die Arbeit aufgenommen hat.

So eine Oberfläche verbessert die Laufruhe und das Laufgeräusch? Hm. Again, ich bin kein Profi. Vielleicht muss man (also ich :-)) in ein paar Wochen schauen, ob die Züge selbst das Gleis wieder glattwalzen. Das ist z.B. an abgeschliffenen Schweißstellen durchaus so.


Schaden nach Fräsen 2025 1.jpg

Die Idee beim Fräsen ist unter anderem, dass so Mikro-Risse in der Oberfläche entfernt werden, die sich sonst weiter in die Tiefe ausbreiten könnten - im Extremfall bis zum Gleisbruch.

Wie oben beschrieben sind die Schienen im Gleis 590 über 60 Jahre alt. Wohl auch daher gibt es Schäden, die tiefer gehen, als ausgefräst wurde. Hier fehlt zum Beispiel linienförmig Material.


Schaden nach Fräsen 2025 3.jpg

Hier ein paar Löcher in der Oberfläche. Vielleicht wurde da ein Korn vom Sanden eingedrückt?


Schaden nach Fräsen 2025 2.jpg

Das Fräsen macht auch Strukturen im Material sichtbar. In diesem Bild sind es Verfärbungen, die wie "Schatten" oder "Wölkchen" aussehen.


Schaden nach Fräsen 2025 4.jpg

Hier ist eine ausgedehntere Struktur zu sehen. Weiß jemand, woher so was kommt? Strom beim Anfahren, der z.B. wg. schlechtem Kontakt an anderen Rädern an einem Rad besonders stark war?

Hier eine Idee von Ulli, der wie ich gerne Eisenbahnstrecken besucht: Blitzeinschlag! Ich denke, dass ist eine wirklich gute Theorie, denn man findet im Internet Hinweise auf Aufschmelzen und Rissbildung bei so einem Ereignis.


Auf jeden Fall eine interessante Baumaßnahme und ebenso interessant Ergebnisse.